Willi
klingelte der Krankenschwester. Sie war pummelig und ihre blauen Augen
erinnerten Willi an die Blinker seiner Angel.
„Eine
Schmerztablette, bitte", rief Willi ihr zu.
Sie
zog ihre Lippen kraus nach oben und kehrte kurze Zeit später mit einer
Tablette und einem Glas Wasser zurück.
„Hier!"
Sie hielt ihm die längliche Pille hin. Der Italiener stöhnte.
„Hatte
ich mit dem eine Schlägerei?"
Die
Schwester grinste. „Also was Sie heute Nacht niedergestreckt hat, weiß
ich nicht. Der jedenfalls hatte einen Unfall.
„Schwer
verletzt?" Jetzt tat er Willi richtig Leid.
„Prellungen
und eine Gehirnerschütterung, so weit ich weiß."
„Dafür
ist er aber ganz schön verbunden."
Sie zuckte mit den Schultern und verschwand.
Willi
schaute zu seinem Bettnachbarn, der seine Augen geöffnet hatte.
„Mein
Kopf!" Der Italiener fasste sich an die Stirn, betastete das Pflaster
an seiner Schläfe und betrachtete dann sein eingebundenes Bein.
„Hallo,
ich heiße Willi. Willi Schneider."
„Was
ist passiert?"
„Unfall."
„Unfall?
Wie lange bin ich schon hier, was haben wir für eine Tag?"
„Jetzt
weiß ich es wieder. Vorhin habe ich es noch nicht gewusst. Schädelbasisbruch. Wissen Sie."
„Schädelbasisbruch?"
Wieder fasste sich der Italiener an seinen Kopf.
„Nicht
Sie, ich! Sie haben nur eine Gehirnerschütterung."
Der
Italiener stützte sich im Bett hoch und starrte Willi an. „Sind Sie
nicht der …"
"…Angler, richtig. Wir haben uns beim Kotterbachsee gesehen."
Willis Mund verzog sich zu einem breiten Grinsen. Die Schmerztablette
wirkte
und
das Schönste war, sein Bettnachbar war unschuldig an seinen Zustand.
„Willi
Schneider"!, wiederholte er noch mal.
„Bene.
Giovanni Pavarese." Er blickte sich im Zimmer um und schob mit
schmerzverzerrten Gesicht seine Beine über die Bettkante.
„Bei
einer Gehirnerschütterung muss man liegen bleiben, Signor Pavarese. Die
Schwester bringt Ihnen alles. Nur den Knopf drücken, den roten."
Willi deutete auf den Bedienungsknopf neben dem Bett.
„Schon
gut, Signor Willi." Giovanni stand auf, öffnete den Schrank und nahm
seine Kleidung heraus. Dreckspuren zogen sich über Hose und Hemd.
„Soll
ich für Sie klingeln?"
„No!"
Giovannis Augen leuchteten kurz auf. „Grazie!"
Langsam
zog er seine Kleidungsstücke an. Bei jeder Bewegung sah Willi ein
leichtes Zucken in Giovannis Gesicht. Sicher hatte er Kopfschmerzen und
Prellungen sollen noch schmerzhafter als Brüche sein.
„Wo
sind meine Schlüssel und der Geldbeutel?"
„Die
Schwester weiß es bestimmt. Soll ich?" Will hob die Bedienungsleiste
hoch und hielt den Daumen über den roten Knopf."
„Lasciami in
pace!" Er machte eine abwehrende Bewegung und humpelte zur
Tür. „ArrivederLa!"
Herma
erstarrte. Es war der gleiche Hund von gestern. Ein Mischling zwischen
Schäferhund und Collie, vermutete Herma. Sein Bellen klang allerdings
nicht mehr so freundlich. Sie presste sich an die Hausmauer. Der Hund
stellte sich vor sie und bellte weiter als wollte er ihr Vorwürfe machen.
„Ruhig,
Hundchen!" Hermas versuchte ein Lächeln. Sie lugte zum Schuppen und
weiter zu ihrem Fahrrad. In diesem Moment wünschte sie sich das Auto her.
In dem wäre sie sicher.
Das
Tier machte ein paar Schritte auf sie zu. Herma hielt den Atem an.
„Keine
Angst, Kleiner!" Sie drückte sich an die Mauer entlang Richtung
Schuppen. Der Hund nahm sie jedoch weiter ins Visier und folgte jeder
Bewegung.
„Tante
Herma geht jetzt dort hin, ja." Wieder tat sie einen Schritt.
Das
Bellen wurde lauter.
„Nein,
Hundchen, ich …
„Lupo,
komm zu Frauchen!" Die Tür stand offen und im Lichtschein der
Innenbeleuchtung konnte Herma die Frau erkennen. Instinktiv zog Herma
ihren Bauch ein, um sich schmäler zu machen. Hoffentlich sah sie sie
nicht. „Komm geh zu Frauchen!" flüsterte sie.
„Lupo!"
Der Hund machte einen Schritt Richtung Tür, überlegte es sich jedoch und
bellte weiter Herma an.
„Braver
Lupo!", versuchte Herma es noch mal. „Du musst schön folgen. Wo
ist Frauchen."
Der
Hund winselte, machte kehrt und rannte zu der Frau im Eingangsbereich.
Herma atmete auf.
„Lupo,
mein Schatz, hast du wieder eine Katze gejagt? Na komm schon."
Dann
knallte die Tür.
Das
war knapp, Herma! Sie lugte wieder durchs Fenster. Die Frau klopfte die
Bauchseite des Tiers, sagte etwas zu ihm und drehte sich dann zu dem Mann
um. Der telefonierte gerade. Die Frau legte ihren Zeigefinger an den Mund
und schüttelte den Kopf. Anscheinend kannte sie den Anrufer.
Eine
Katze miaute. Erschrocken blickte Herma ins Dunkel. Als sie sich wieder
umdrehte, waren beide verschwunden.
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Folge 21 ..